Hitze ist das größte allgemeine gesundheitliche Risiko, das die Klimakrise mitbringt. Lesen Sie hier, warum das so ist, und was Sie tun können!
Problematisch an Hitzewellen ist, dass alle Menschen in der entsprechenden Region gleichzeitig betroffen sind – d.h. es gibt sehr viele gefährdete Menschen gleichzeitig. Das gilt dabei natürlich auch für Rettungspersonal und Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten.
Besonders gefährdet durch Hitze sind alte Menschen, Schwangere, chronisch Kranke, Obdachlose, draußen Arbeitende, Säuglinge und kleine Kinder!
Das große Problem bei anhaltender Hitze ist, dass nach mehreren Tagen Hitze auch Innenräume zunehmend warm werden – es gibt also bei langen Hitzewellen eine größere anhaltende Belastung in immer mehr Bereichen.
Außerdem kann sich der menschliche Körper an Hitze nur sehr begrenzt anpassen. Da wir zu großen Teilen aus Eiweiß bestehen und Eiweiß bei Hitze zerstört wird (das sog. “Denaturieren”), ist eine Gewöhnung an Hitze nur sehr eingeschränkt möglich. Ab 28°C wird es für den Körper anstrengend; eine Temperatur von mehr als 42°C über einen längeren Zeitraum endet in der Regel tödlich.
Besonders problematisch ist auch die Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit, da bei sehr feuchter Luft nur noch wenig Schweiß zur Abkühlung abgegeben werden kann – die Luft kann den verdunstenden Schweiß schlicht nicht mehr aufnehmen. Bei höherer Luftfeuchtigkeit sind daher schon relativ niedrige Temperaturen gefährlich.
Hitze kann lebensgefährliche Auswirkungen haben. Besonders betroffen: Alte, chronisch Kranke und Kinder.
Was passiert bei Hitze im Körper?
- Herz-Kreislauf-System: wird besonders belastet, weil die Blutgefäße in der Haut überall weit gestellt werden, um Wärme abzugeben (daher kommt auch die rote Hautfärbung bei Hitze) – dadurch muss ein größeres Volumen durchblutet werden; wenn das Herz bereits vorher an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit war, kann Herzversagen eintreten
- Lunge: verstärkt belastet, denn mehr transportiertes Blut muss mit Sauerstoff versorgt werden – insbesondere vorbelastete Lungen geraten an ihre Grenzen; auch das Risiko für Asthmaanfälle steigt; durch Hitze steigt außerdem die bodennahe Ozonkonzentration (“Sommersmog”), das belastet die Atemwege zusätzlich. Gefährlichste Kombination für Lungenkranke: Hitzewelle plus Luftverschmutzung!
- Gehirn: das Risiko für Schlaganfälle steigt (das Blut wird dickflüssiger, das ist einer der Gründe); auch ist das Gehirn besonders anfällig für Hitze und kann rasch Schäden erleiden (es besteht in großen Teilen aus Eiweißen!); bei Hitze sinkt auch die psychische Gesundheit, Menschen werden aggressiver und die Suizidrate steigt (nachgewiesen!)
- Nieren: wenn weniger Flüssigkeit zur Verfügung steht (geht über Schwitzen verloren), steigt das Risiko für ein akutes Nierenversagen und chronische Nierenschäden
- Schwangerschaft: während Hitzewellen ist das Risiko für Früh- und Totgeburten deutlich erhöht
Hitze trifft Kinder besonders – warum ist das so?
- Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen eine größere Körperoberfläche bezogen auf ihr Volumen, wodurch sie schneller auskühlen oder überhitzen
- Kinder können ein angemessenes Hitzeschutzverhalten nur zeigen, wenn sie es erlernt haben – das kommt nicht von selbst
- anders als andere Risikogruppen werden Kinder in allgemeinen Warnungen häufig vergessen
- Kinder haben deutlich dünnere Haut als Erwachsene, die besonders hautkrebsrelevanten Stammzellen liegen bei ihnen dichter unter der Haut als bei Erwachsenen – das bedeutet eine sehr kurze Hauteigenschutzzeit von ca. 10 Minuten in praller Sonne, bis ein Sonnenbrand auftritt (bleibende Rötung, auch leichte, = Sonnenbrand und damit Schaden). Mit Sonnencreme kann dieser Zeitraum etwas verlängert werden – mehr als 30 Minuten am Stück gehört aber auch eingecremte Kinderhaut nicht in die pralle Sonne!
- Sonnenstich wird bei kleinen Kindern oft übersehen, v.a. kleinere Kinder äußern die Beschwerden oft unspezifisch (Bauchschmerzen etc.)
Hitzeschutz – was ist zu tun?
- Hitzewarnungen ernst nehmen! (z.B. Apps vom Deutschen Wetterdienst installieren und beachten)
- Sich der Hitze möglichst wenig aussetzen – im Kühlen bleiben, v.a. in der Mittagszeit (ca. 11-16 Uhr) – notfalls im Keller
- Auf Trinkmenge achten und bei großer Hitze deutlich mehr als sonst trinken; nicht eisgekühlt trinken, das belastet den Körper zusätzlich, da Energie aufgebracht werden muss, um die Flüssigkeit auf Körpertemperatur zu erwärmen – lieber nur kühle Flüssigkeit; und dazu salzig essen, denn sonst entsteht beim Schwitzen (Schweiß ist salzig!) ein Elektrolyt-Ungleichgewicht, das im Extremfall zu neurologischen Störungen führen kann
- Leichtes Essen, damit wenig Energie für Verdauung verbraucht wird (sonst muss der Darm auch noch mit viel Blut versorgt werden – noch mehr Kreislaufbelastung)
- Den Körper mit bsp. feuchten Tüchern kühlen, kühle Fußbäder (sehr hilfreich!)
- Wohnung kühl halten: nachts lüften, Fenster tagsüber abdunkeln – Ziel: unter 26°C
- Im kühlsten Raum schlafen, ggf. im Keller; Wärmflasche mit kaltem Wasser mit ins Bett
- Draußen: unter Bäumen aufhalten, denn diese kühlen die Luft darunter um ca. 10°C ab; versiegelte/geschotterte Flächen meiden, denn diese heizen ihre Umgebung deutlich auf, dort werden in Hitzewellen oft >50°C gemessen > das ist einer der Gründe, warum es in Städten im Sommer deutlich heißer wird als auf dem Land
- Vorerkrankte (auch Kinder, z.B. mit Asthma!): rechtzeitig Maßnahmen mit Arzt/Ärztin besprechen – müssen z.B. Medikamente evtl. anders eingenommen werden?
- Fremde Kinder spielen stundenlang in der Sonne? Hier bitte ggf. eingreifen und die Eltern oder auch die Kinder (wenn keine Bezugspersonen zu finden sind) ansprechen – das kann lebensrettend sein, so doof es sich anfühlt
- wenn eine Person auffällig ruhig ist / einen roten, heißen Kopf hat / der Körper auffällig heiß und trocken (!) ist / bei Apathie / bei schnellem Puls / bei Erbrechen nach Hitzeexposition / bei Kopfschmerzen / bei fehlendem Durst > 112 wählen! Lieber einmal zu oft als einmal zu wenig!
- Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte: Person in den Schatten bringen, mit nassen Tüchern kühlen, richtig wachen Personen Wasser anbieten, aber nicht zum Trinken zwingen! bei apathischen oder verwirrten Menschen: kein Wasser in den Mund geben, kann in der Lunge landen (aspiriert werden)
Ganz wichtig: Wenn Menschen mit völlig unpassendem Hitzeverhalten auffallen – insbesondere Menschen, die Verantwortung für Kinder, alte Menschen oder auch z.B. einen Hund haben: bitte trauen Sie sich, etwas zu sagen! Bei Hitze darf zum Beispiel niemals ein Lebewesen im Auto gelassen werden, da Autos in Minutenschnelle tödlich heiß werden können. Im Zweifel gilt auch hier: Rettungsdienst rufen!
Hintergrundwissen – warum machen 1-2°C Erderwärmung soviel gefährlichere Hitzewellen?
Die Erderhitzung erfolgt nicht überall gleichmäßig – Landmassen und besonders Europa erwärmen sich deutlich schneller als die Ozeane. Die globale durchschnittliche Erhitzung verglichen mit der vorindustriellen Zeit liegt aktuell bei ca. 1,1-1,2°C – in Deutschland haben wir bereits ca. 1,6-2°C mehr.
Das bedeutet einerseits, dass es mehr sog. “Heiße Tage” gibt (so bezeichnen Meteorologen Tage, an denen die Temperatur auf 30 °C oder höher steigt) – deren Zahl hat sich in Deutschland pro Jahr inzwischen fast verdreifacht.
Auch die Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen in Deutschland hat sich verändert, in vielen Regionen kommt es seit den 1990er Jahren zu einer massiven Häufung. 14-tägige Hitzeperioden mit einem mittleren Tagesmaximum der Lufttemperatur von mindestens 30 °C traten zum Beispiel in Hamburg vor 1994 überhaupt nicht auf – danach gab es dort allerdings schon sechs.
Dieser Trend setzt sich derzeit fort.
Die Klimakrise bedeutet vor allem extremeres Wetter, nicht nur wärmeres – und zwar, weil Wetterlagen (sowohl Hitze- als auch Kälte- oder Regenlagen – auch Schnee!) länger an derselben Stelle bleiben. Eine ganz kurze Erklärung, warum das so ist (ausführlicher im Eintrag Extremwetter nachlesen):
Der sog. Jetstream bewegt Hoch- und Tiefdruckgebiete über die Erde. Diese Windströmung in großer Höhe läuft wie ein unregelmäßiges Band quer um die Erde und entsteht durch den Temperaturunterschied zwischen kalten Luftmassen der Arktis und warmer Luft vom Äquator. Durch den Klimawandel erhöhen sich die Temperaturen – allerdings nicht überall gleich schnell. Durch das Abschmelzen der Eismassen steigen sie in der Arktis schneller als am Äquator. Dadurch wird der Temperaturunterschied zwischen Arktis und Äquator kleiner und der Jetstream schwächer. Hoch- und Tiefdruckgebiete bleiben dadurch länger an einem Ort. So kommt es u.a. zu lang anhaltenden extremen Wetterverhältnissen – eben auch zu anhaltenden Hitzewellen.
Klar ist: Die Klimakrise muss ausgebremst werden, denn unsere Anpassungsfähigkeit an Hitze ist begrenzt. Das heißt: Wir brauchen mehr Klimaschutz!
Was können wir tun?
Die Erderwärmung muss gestoppt werden. Es darf nicht noch heißer werden!
Versuchen Sie, so klimafreundlich wie möglich zu leben. Informieren Sie sich über das Thema und reden Sie mit Anderen darüber! Wir brauchen viele Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen und verstehen, wie wichtig und dringend es ist, zu handeln! Durch die Beteiligung an Wahlen, durch E-Mails und Briefe an Abgeordnete, durch Demonstrationen und anderes politisches Engagement können Sie sich darüber hinaus für mehr Klimaschutz einsetzen – denn die großen Schrauben kann nur die Politik verändern.
Hitzeschutz muss überall etabliert werden – besonders in Einrichtungen mit vielen gefährdeten Personen!
Möglichst alle Menschen müssen gut über Hitzeschutz informiert sein und sich damit auskennen, wie man sich bei großer und anhaltender Hitze verhalten sollte. In Einrichtungen mit besonders gefährdeten Menschen – wie Seniorenheime, Kindergärten oder Krankenhäuser – muss es Hitzeschutzkonzepte und Pläne für besonders schlimme Hitzewellen geben. In Städten und Gemeinden muss struktureller Hitzeschutz umgesetzt werden, damit es nicht zu überhitzten Bereichen kommt – indem zum Beispiel entsiegelt wird (Beton und Stein speichern Hitze besonders gut) und indem grüne Flächen geschaffen werden. Wenn Sie dazu beitragen wollen, solche Maßnahmen in Ihrem Ort umzusetzen, schreiben Sie Ihrer lokalen Politik!
Quellen
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/JoHM/2023/JHealthMonit_Inhalt_23_S04.html
https://www.klimawandel-gesundheit.de/hitze-und-ihre-folgen
https://www.klima-mensch-gesundheit.de/hitzeschutz/
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/138308
https://physikbuch.schule/humidity.html#cooling-of-the-human-body
https://infoportal-hautkrebs.de/praevention-und-frueherkennung/praevention/schutz-von-kindern
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