Wenn Baden zur Bedrohung wird

Dass die Klimakrise zu mehr Hitze führt, ist inzwischen breit bekannt. Da kühlt man sich gerne mal im See ab. Dass die Klimakrise allerdings auch das gefährlicher macht, ist bisher nur wenigen Menschen bewusst. Also, was passiert mit unseren Badegewässern?

Durch die Klimakrise werden auch die Gewässer immer wärmer (aktuell (Dezember 2023) sind z.B. die Ozeane so warm wie noch nie zuvor gemessen) – ein Umstand, der die meisten Badenden eher freut. Leider sind wir nicht die einzigen, die es mögen, wenn Badeseen oder auch die Ostsee wärmer werden. Davon profitieren auch einige winzige, aber sehr gefährliche Lebewesen.

Die Ostsee ist heute bereits ca. 1,8°C wärmer geworden und sie erwärmt sich schneller als die großen Ozeane. Im Sommer gibt es dort inzwischen bis zu 23 Grad Wassertemperatur, was Fauna und Flora erheblich unter Hitzestress setzt. Bei Badegästen kommt hier eher Mittelmeerstimmung auf – doch nicht nur sie mögen das warme, wenig salzige Wasser. Vibrionen ebenfalls.

Vibrionen sind winzige Bakterien, die nicht viel Salz vertragen. Sie gehören zu den natürlichen Bakterien in der Ostsee und machen eigentlich wenige Probleme – solange das Wasser kalt genug ist. Steigt die Wassertemperatur aber über 20 Grad, vermehren sie sich rasant und bleiben auch mehrere Wochen nach dem Abkühlen des Wassers noch aktiv.

Beim Baden in Vibrionen-durchseuchtem Wasser können die Keime durch kleinste Hautverletzungen eindringen. Bei Gesunden kann das zu unschön infizierten Wunden führen; bei Menschen mit nicht so fittem Immunsystem oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder Lebererkrankungen kann es zu schwersten Entzündungen bis hin zu Abszessen, absterbenden Körperteilen (Nekrosen) und zur Sepsis, also der Blutvergiftung, kommen. Das kann tödlich enden.

Es wird viel daran geforscht, wie wir uns vor Vibrionen schützen können – bisher gibt es aber wenige Ergebnisse. Evtl. könnten Seegraswiesen, vor den Küsten angelegt, die Bakterien “filtern” und damit reduzieren – hierzu werden in den nächsten Jahren Resultate erwartet. Wichtig ist derzeit also: Gefährdete sollten bei warmem Ostseewasser besser nicht ins Wasser gehen; und wenn nach dem Bad in der Ostsee Wunden schmerzen oder komisch aussehen: zeitnah ärztlich vorstellen und von dem Ostseebad berichten!

Zerkarien sind Larven von Wasservogelparasiten (der “Enten-Bilharziose”), die bei warmem Wasser in Süßwasserseen vermehrt vorkommen. Ab 20 Grad Wassertemperatur werden sie freigesetzt, besonders gut vermehren sie sich ab 24 Grad Wassertemperatur. Die immer wärmeren Seen mögen diese Parasiten also sehr.

Im Wasser suchen die Larven nach Wasservögeln, um sich durch ihre Haut zu bohren – leider erwischen sie dabei auch badende Menschen und bohren sich selbst durch Badekleidung hindurch in die Haut. Dort sterben sie dann ab und hinterlassen stark juckende, mückenstichähnliche Stellen. Bei jedem Kontakt mit Zerkarien wird die Reaktion schlimmer. Gegen den Juckreiz hilft Kortison, Kratzen sollte man tunlichst vermeiden, sonst können sich die Stellen infizieren.

Um gar nicht erst Zerkarien zu bekommen, sollte man möglichst schilfige Bereiche meiden, in denen sich der Zwischenwirt der “Enten-Bilharziose” – Wasserschnecken – befindet. Menschen, die in der Vergangenheit stark auf Zerkarien reagiert haben, sollten warmes Badewasser lieber meiden.

Auch Cyanobakterien – sogenannte Blaualgen – mögen warmes Wasser und vermehren sich dank Klimakrise entsprechend mehr als früher. Wenn ein Überschuss an Nährstoffen – z.B. von überdüngten Feldern und Viehweiden oder aus Abwässern – vorliegt, vermehren sie sich noch mehr und können wahre Teppiche bilden. Manche der Blaualgenarten bilden Giftstoffe, sogenannte Cyanotoxine.

Blaualgen sind als schleimige, nach faulen Eiern stinkende Schlieren auf der Wasseroberfläche sichtbar. Für Erwachsene sind sie nicht so gefährlich, sie können Hautreizungen verursachen; bei Kindern können sie (auch schwere) Vergiftungssymptome und Durchfälle verursachen, Hunde sterben häufig an Blaualgen-Vergiftungen.

Gewässerschutz führt zu weniger Verschmutzungen und damit weniger Bakterienproblemen in Badegewässern – in Deutschland hat sich die Qualität der Badeseen in den letzten Jahrzehnten durch strengen Wasserschutz stark verbessert. Durch die Klimakrise entstehen jetzt allerdings neue Probleme. Insbesondere können Extremwetterereignisse die Wasserqualität in kurzer Zeit deutlich verschlechtern, wenn bei Starkregen Abwässer überlaufen und in Gewässer gespült werden. Engmaschige Testungen der Badewasserqualität wären angezeigt – dafür brauchen die Gesundheitsbehörden allerdings auch die notwendigen Ressourcen. 

Wichtig also: Bei Anzeichen für Blaualgen besser gar nicht ins Wasser gehen, und Kinder und Hunde von den Schlieren fernhalten!

Bei Starkregen kommt es häufig zur Einschwemmung von Schmutzwasser in eigentlich saubere (Bade-) Gewässer. Dabei können Darmkeime wie e.coli-Bakterien in Seen und Flüsse gelangen. Diese Keime können schwere, blutige Durchfälle verursachen und auch gefährliche Verläufe insbesondere bei Kindern herbeiführen. 

Es sollten daher nach jedem Starkregen Wassertestungen in Badegewässern durchgeführt werden. Zuständig dafür sind Umwelt- und Gesundheitsbehörden, die in Zukunft ja auch weitere Aufgaben im Rahmen des Schutzes vor den Folgen der Klimakrise haben werden, z.B. den Hitzeschutz. Um tatsächlich engmaschig alle Badegewässer testen zu können, wird in den entsprechenden Ämtern eine Verbesserung der Ressourcen wohl unbedingt erforderlich sein. 

Das Baden in nicht getesteten Gewässern nach einem Starkregen sollte vermieden werden!

Bei allen Erkrankungen nach einem Bad gilt: Bitte Arzt oder Ärztin darüber informieren, wann und wo gebadet wurde, damit nach den richtigen Krankheitskeimen gesucht werden kann.

Was können wir tun?

Die Webseiten der Bundesländer informieren üblicherweise über die aktuelle Wasserqualität in Seen, Ost- und Nordsee. Vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen sollten diese Informationen vor dem Bad beachten.

Nach Starkregen sollte das Schwimmen im Badesee möglichst vermieden werden. Wenn Sie nach einem Bad erkranken, informieren Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin darüber, wo und wann Sie im Wasser waren. So kann Ihnen schneller geholfen werden.

Generell muss die Testung der Wasserqualität verbessert werden – vor allem nach Überschwemmungen und Starkregen müssen alle betroffenen Gewässer getestet werden. Dafür müssen die entsprechenden Ämter genug Personal haben.

Und natürlich ist der Schlüssel zu einer verringerten Gefährdung verbesserter Klimaschutz! Wenden Sie sich an Ihre lokale Politik oder Ihre Wahlkreisabgeordneten und fragen Sie nach, ob die gesundheitlichen Gefahren der Klimakrise dort bekannt sind. Bitten Sie um mehr politischen Einsatz für Klimaschutz!

https://www.klimawandel-gesundheit.de/klimawandel-und-gesundheit

https://www.umweltbundesamt.de/wasserqualitaet-in-badegewaessern#wie-erhalte-ich-informationen-zur-aktuellen-badegewasserqualitat

Beermann et al. (2023) Auswirkungen von Klimaveränderungen auf Vektor- und Nagetier-assoziierte Infektionskrankheiten. J Health Monit 8(S3): 36–66. DOI 10.25646/11392

Planetary Health: Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän. C. Traidl-Hoffmann, C. Schulz, M. Herrmann, B. Simon (Hrsg). 2021